Füllstoffe

Leicht gemacht

Von Jens Bartels · 2021

Ob Flugzeug oder Fahrrad, Auto oder Rollstuhl: Kunststoffbasierter Leichtbau ist bei vielen Anwendungen nicht mehr wegzudenken. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von Energie- und Ressourceneffizienz werden innovative Leichtbautechnologien für die Wettbewerbsfähigkeit eine bedeutende Rolle spielen.

Modellrennauto zum Selberbauen aus Kunststoff
Kunststoff ist nicht nur leichter, sondern auch günstiger als alternative Materialien. Foto: iStock / iLexx

Kunststoffe ermöglichen Leichtbau in immer mehr Bereichen. Dies zeigt ein Beispiel aus der Automobilindustrie. Aktuell sind Batteriepacks für Elektrofahrzeuge aufgrund der hohen Menge benötigter Batteriezellen noch sehr schwer, wenn die geforderten hohen Reichweiten jenseits von 500 Kilometern erreicht werden sollen. Insbesondere das gegenwärtig aus Aluminium oder Stahl hergestellte Gehäuse addiert sich neben den elektrischen Komponenten zu einem hohen Gesamtgewicht von mehreren Hundert Kilogramm. Je nach Fahrzeugdesign kann die mechanische Struktur des Batteriepacks mehr als 30 Prozent von dessen Gesamtmasse ausmachen. Vor diesem Hintergrund haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF ein Leichtbau-Batteriepack entwickelt, das ausschließlich Faser-Kunststoff-Verbunde verwendet. So konnte das Gewicht gegenüber Aluminiumgehäusen um 40 Prozent gesenkt werden. Ein weiterer Pluspunkt: Weil das Batteriepack in einem eigens entwickelten hocheffizienten Verfahren gefertigt wird und über einen spezifischen Strukturaufbau verfügt, lässt es sich sehr günstig produzieren.

Leichtbau gewinnt an Bedeutung

Quelle: Braess, 2003; Friedrich, 2007

Das Beispiel zeigt deutlich, welche Potenziale Kunststoffe im Leichtbau versprechen. Während diese Werkstoffe lange Zeit dem Flugzeugbau vorbehalten waren, wächst parallel zu den höheren Zielvorgaben des Klima- und Ressourcenschutzes und den damit einhergehenden steigenden Anforderungen an Material- und Energieeffizienz die Bedeutung des Leichtbaus als Querschnittstechnologie in vielen Branchen. Dazu zählen neben der Luft- und Raumfahrt sowie der Automobilindustrie auch der Maschinen- und Anlagenbau oder der Schiffsbau. Im Maschinenbau bieten innovative Anwendungen unter anderem Materialeinsparungen durch leichtere Konstruktionen. Beim Bau von Schiffen spielt Leichtbau mittlerweile auch im Innenausbau großer Schiffe, wie zum Beispiel bei Fähren und Passagierschiffen, eine wichtige Rolle. Wie hoch die Einsparungen von CO2-Emissionen während der Nutzungsdauer dank des Leichtbaus sein können, verdeutlichen einige Beispiele. So reduzieren 100 Kilogramm weniger Gewicht den Kraftstoffverbrauch eines Autos um circa 0,3 bis 0,5 Liter pro 100 Kilometer. Bei einem Airbus A 320 entsprechen 100 Kilogramm weniger Gewicht fast 10.000 Liter weniger Kerosin pro Flugzeug und Jahr und im Maschinen- und Anlagenbau lassen sich durch Leichtbaulösungen pro Jahr 1,5 Millionen Tonnen Stahl einsparen. Das sind über zwei Millionen Tonnen CO2.

Füllstoffe haben eine große Materialvielfalt

Faserverstärkte Kunststoffe sind Schlüsselwerkstoffe des Leichtbaus. Sie sind auf der einen Seite kostengünstig und weisen auf der anderen Seite Festigkeiten auf, welche sie für Strukturbauteile geeignet machen. Dabei ist die Materialvielfalt überraschend groß. Es gibt Fasermaterialien auf der Basis von Glas-, Carbon-, Basalt-, Aramid- und Naturfasern, die in unterschiedlichen Verarbeitungsverfahren gesponnen, gelegt und gewebt werden können. Anschließend werden sie in Kunststoffe eingebettet. Dabei wurden in den vergangenen Jahren verschiedene neue Technologien vorangetrieben, zum Beispiel hochverstärkte Kunststoffe für den Spritzgießprozess. Hier stehen hohe Steifigkeiten und Festigkeiten durch hohe Anteile an Verstärkungsfasern im Vordergrund, ermöglicht durch leichtfließende thermoplastische Basisharze. Dadurch sind die Materialien beispielsweise für Bauteile geeignet, die eine große Belastung aushalten sollen. Zudem gibt es große Fortschritte im Leichtbau durch innovative Hybride aus Kunststoff und Metall. Neue Entwicklungen in diesem Bereich zielen auf Anwendungen ab, bei denen besonders hohe Anforderungen hinsichtlich Torsionssteifigkeit und -festigkeit vorliegen. Darüber hinaus bedienen sich unter anderem Luft- und Raumfahrt sowie der Automobilbau der wachsenden Einsatzmöglichkeiten endlosfaserverstärkter Kunststoffe. Aber auch Hersteller von Laptopcovern oder Handyschalen greifen auf faserverstärkte Kunststoffe zurück. Im Zuge des immer höheren Stellenwerts von Nachhaltigkeit werden übrigens zunehmend biobasierte Kunststoffe an Bedeutung gewinnen. Bereits heute lassen sich viele konventionelle, auf fossilen Rohstoffen basierende, Kunststoffe durch biobasierte Kunststoffe ersetzen – und das auch im Leichtbau. So können die im Leichtbau gebräuchlichen fossilen Kunststoffe Polypropylen-terephthalat (PPT) und Polybutylen-terephthalat (PBT), die dann meist mit Glasfasern verstärkt werden, bereits heute mit einem 35-prozentigen Biokunststoff-Anteil hergestellt werden, hat das Verbundprojekt „Bio-PPT und Bio-PBT mit Cellulose-Faserverstärkung zur leichtbauorientierten Verwendung“ gezeigt. Als Alternative zu Glasfasern kommen leichtere Cellulose-Regeneratfasern zum Einsatz. Das sind chemisch aufgearbeitete Naturfasern, die weniger hitzeempfindlich sind als klassische Naturfasern.

Windräder aus Kunststoff

Auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien werden die Leichtbautechnologien eine wichtige Rolle spielen. So machen kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe immer größere und optimierte Rotorblätter von Windkraftanlagen möglich. Dabei werden automatisierte Fertigungsverfahren zur Senkung der Kosten und Verbesserung der Qualität weiterentwickelt. Parallel dazu arbeiten Experten in diesem Bereich an einer verbesserten Leistung, Aerodynamik und Aeroakustik. Zugleich sind auch große, geteilte Blätter im Gespräch, mit denen die Herausforderungen für Transport und Montage besser gelöst werden. Denkbar ist in diesem Zusammenhang auch die Gestaltung der Türme aus Carbonbeton.

Weitere Quelle:
Composites United e.V.

Wussten Sie schon, dass ...

… man mit einem Kilogramm kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffs fünf Kilogramm Stahl ersetzen kann?
… sich im Maschinenbau durch Leichtbau 1,5 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr einsparen lassen? Und damit über zwei Millionen Tonnen CO2, was den jährlichen Emissionen einer Stadt wie Lübeck entspricht?
… 100 Kilogramm Gewichtsreduktion bei Mittelklassewagen eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes um sieben Gramm pro Kilometer bedeutet? Jährlich wären das 4,3 Millionen Tonnen 
CO2-Einsparung!

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